Flug: Annullierung

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Mit gestrigem Urteil (verbundene Rechtssachen C-146/20, C-188/20, C-196/20, C-270/20), hat der Europäischen Gerichtshofes (EuGH) klargestellt, dass ein Flug, der um mehr als eine Stunde vorverlegt wird, als annulliert gilt.

Daher wollen wir Interessierte in unserem heutigen Blog-Beitrag über ihre Rechte im Fall einer Annullierung informieren.

WAS IST EINE "ANNULLIERUNG"?

Eine Flugannullierung bzw. ein Flugausfall ist die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert worden ist.

Achtung: Eine Stornierung des Fluges durch den Passagier ist keine Annullierung.

§ Der Begriff der Annullierung wird in Art 2 lit l der Verordnung (EG) 261/2004 definiert.

 

MEIN FLUG WURDE ANNULLIERT - WAS SIND NUN MEINE MÖGLICHKEITEN?

Wird ein Flug gestrichen, sind Fluglinien verpflichtet, Passagiere zwischen Erstattung der Flugticketkosten, alternativer Beförderung oder Rückflug zum Ausgangsflughafen wählen zu lassen. Falls die Airline trotz aktiver Nachfrage keine alternative Beförderung anbietet, weshalb die Passagiere gezwungen sind, sich selbst um eine Alternativbeförderung zu kümmern, müssen Fluglinien die entstandenen Mehrkosten zum ursprünglich gebuchten Ticket erstatten.

⇒ Die apf empfiehlt, sich diese Vorgehensweise vom Personal der Fluglinie schriftlich bestätigen zu lassen.

⇒ Die apf weist darauf hin, dass die von der Europäischen Kommission herausgegebenen Leitlinien erörtern hierzu, dass ein Luftfahrtunternehmen die Kosten für die anderweitige Beförderung erstatten muss, wenn es der Verpflichtung zum Angebot einer anderweitigen Beförderung unter vergleichbaren Reisebedingungen nicht nachkommt. Wenn das Luftfahrtunternehmen keine Wahl zwischen Erstattung oder anderweitiger Beförderung anbietet, sondern einseitig beschließt, die ursprünglichen Flugscheinkosten zu erstatten, haben Passagiere Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten des neuen Flugscheins unter vergleichbaren Reisebedingungen.
Hat allerdings ein Luftfahrtunternehmen nachweislich einen Fluggast kontaktiert und sich bemüht, ihm die gemäß Artikel 8 verlangten Unterstützungsleistungen zu erbringen, und der Fluggast hat dennoch seine eigenen Vorkehrungen für die anderweitige Beförderung getroffen, dann kann das Luftfahrtunternehmen die Erstattung von angefallenen Mehrkosten verweigern.

§Die rechtliche Grundlage ist Art 5 iVm Art 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 261/2004.

 

BIS ZUM START MEINES ALTERNATIVFLUGES LIEGT EINIGE ZEIT - WERDE ICH VERPFLEGT?

Fluglinien sind verpflichtet, Passagieren unentgeltlich Betreuungsleistungen anzubieten; das heißt, Snacks, Getränke, Kommunikation (wie z.B. 2 Telefonate) und – falls notwendig – die Hotelunterbringung und den Transfer zwischen Flughafen und Hotel.

⇒ Sollte die Fluglinie ihrer Verpflichtung, die Hotel- und/oswe Verpflegungskosten zu übernehmen, nicht nachkommen, empfiehlt die apf alle Rechnungen und Belege aufzubewahren, um die Kosten nachweisen zu können und rückerstattet zu bekommen.

§ Die rechtliche Grundlage ist Art 5 iVm Art 9 der Verordnung (EG) 261/2004.

STEHT MIR EINE MONETÄRE ENTSCHÄDIGUNG FÜR DIE UNANNEHMLICHKEITEN ZU?

Fluglinien sind bei Annullierung - wenn Passagiere nicht rechtzeitig ­- dh mindestens 14 Tage vor Abflug - über diese informiert werden oder, wenn die Information kurzfristig erfolgt und keine Alternativbeförderung innerhalb vorgegebener Rahmenzeiten* angeboten bekommen - grundsätzlich zur Zahlung einer Entschädigung, einer sogenannten Ausgleichszahlung, verpflichtet. Die Höhe der Ausgleichszahlung hängt von der Flugentfernung ab und beträgt zwischen 250 Euro und 600 Euro* und muss nur dann nicht ausbezahlt werden, wenn die Airline das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände (bspw. ein Vulkanausbruch, Restriktionen der Flugsicherung, usw.), welche sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, nachweisen kann. Ein technisches Gebrechen gilt grundsätzlich nicht als außergewöhnlicher Umstand.

§ Die rechtliche Grundlage ist Art 5 iVm 7 der Verordnung (EG) 261/2004

 

WIE IST DIE HÖHE DER AUSGLEICHSZAHLUNG GESTAFFELT?

  • 250 Euro bei einer Flugdistanz von 1.500 km oder weniger
    Beispielstrecken: Wien- Berlin oder Wien – Palma de Mallorca

  • 400 Euro bei einer Flugdistanz ab 1.500 km innerhalb der EU
    Beispielstrecken: Wien – Lissabon, Wien – Rhodos

  • 400 Euro bei einer Flugdistanz von mehr als 1.500 km und bis max. 3.500 km
    Beispielstrecken: Wien - Tel-Aviv, Wien - Marrakesch

  • 600 Euro bei allen sonstigen Flügen
    Beispielstrecken: Wien – New York, Wien – Dubai

§ Die rechtliche Grundlage ist Art 5 iVm 7 der Verordnung (EG) 261/2004.

 

DIE AIRLINE WEIGERT SICH ZU ZAHLEN - DARF DAS SEIN?

Ist die Flugannullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen durch die Fluglinie ergriffen worden wären, entfällt die Verpflichtung der Fluglinie zur Zahlung der Entschädigung (Ausgleichszahlung). Das Unternehmen ist verpflichtet, den außergewöhnlichen Umstand ausreichend nachzuweisen – eine reine Behauptung ist nicht ausreichend.

§ Die rechtliche Grundlage ist Art 5 Abs 3 der Verordnung (EG) 261/2004.

 

GUT ZU WISSEN

Die apf hat auf ihrer Website (www.passagier.at) für das Forderungsschreiben an das jeweilige Flugunternehmen Musterbriefe zum Thema „Herabstufung“ in deutscher und englischer Sprache bereitgestellt.

Der Musterbrief kann individuell angepasst werden, in dem die Textbausteine, die für den jeweiligen Fall relevant sind, ausgewählt werden. Nimmt eine Fluglinie Beschwerden nur noch online an, können die einzelnen Textbausteine kopiert und in das Online-Beschwerdeformular einfügt werden.

⇒ Die apf empfiehlt darauf zu achten, die Einbringungen der Forderung beim Unternehmen möglichst gut zu dokumentieren (z.B. Brief per Einschreiben, Screenshots bei online Einbringungen, Aufbewahrung der automatischen generierten Eingangsmail,…)

→ Und nicht vergessen: Der Service der apf ist ist immer - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - KOSTENLOS & PROVISIONSFREI!

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