Bahnverkehr: Was Ihnen bei Verspätungen, Ausfällen und Qualitätsmängeln zusteht
von Georg Loderbauer
Rechte bei Zugverspätungen und -ausfällen
Wenn eine Verspätung am Zielort von mindestens 60 Minuten absehbar ist, können Sie zwischen drei Möglichkeiten wählen:
a) Rücktritt und Kostenerstattung
Sie können von der Reise zurücktreten und sich den Ticketpreis (ganz oder anteilig) erstatten lassen.
Das gilt auch, wenn die Weiterfahrt aufgrund der Verspätung keinen Sinn mehr macht.
b) Weiterfahrt bei nächster Gelegenheit
Sie können Ihre Fahrt unter vergleichbaren Bedingungen fortsetzen – entweder mit einem späteren Zug oder über eine alternative Strecke, ohne zusätzliche Kosten.
c) Fortsetzung zu einem späteren Zeitpunkt
Sie können auch zu einem späteren Zeitpunkt weiterreisen. Dabei wird die Gültigkeit des Tickets verlängert, oder Sie erhalten eine Gutschrift für alternative Beförderungswege (z. B. bei zuggebundenen Tickets).
Anspruch auf Verspätungsentschädigung
Sofern Sie nicht von der Reise zurücktreten, steht Ihnen mit einem Einzelfahrschein eine Verspätungsentschädigung zu:
-
Ab 60 Minuten Verspätung: 25 % des Ticketpreises
-
Ab 120 Minuten Verspätung: 50 % des Ticketpreises
Die Höhe richtet sich nach der Verspätung am Zielort laut Fahrkarte.
Bei Hin- und Rückfahrkarten erfolgt die Berechnung anteilig pro Fahrtrichtung.
Bei Zeitkarten (z. B. Jahreskarte, Klimaticket) gelten eigene Pünktlichkeitsregelungen.
Wann besteht kein Anspruch auf Entschädigung?
Kein Anspruch besteht, wenn:
-
die Verspätung unter 60 Minuten liegt,
-
Sie vor dem Ticketkauf über die Verspätung oder den Ausfall informiert wurden,
-
oder außergewöhnliche Umstände die Ursache sind, die das Bahnunternehmen trotz Vorsicht nicht verhindern konnte (z. B. extreme Wetterereignisse, Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen).
Wichtig: Streiks beim Bahnunternehmen gelten nicht als außergewöhnlicher Umstand – hier steht Ihnen eine Entschädigung zu.
Weiterreise, Übernachtung und Verpflegung
Wenn kein Anschlusszug mehr erreicht wird, muss die Bahn eine alternative Beförderung oder eine Unterkunft anbieten.
Reisende können sich die Weiterreise auch selbst organisieren, wenn das Bahnunternehmen innerhalb von 100 Minuten keine Lösung bietet.
Erstattet werden können:
-
bis 100 € pro Person für eine Hotelübernachtung
-
bis 65 € pro Person für eine Taxifahrt
Tipp der apf: Wenden Sie sich, wenn möglich, vorher an das Bahnunternehmen, um die Kosten abzuklären.
Bei längeren Wartezeiten sind auch Mahlzeiten und Erfrischungen bereitzustellen, sofern verfügbar.
Falls Sie selbst etwas konsumieren, können Sie die Kosten mit Beleg einreichen.
Leistungsminderungen im Nachtzugverkehr
Gerade im Nachtzugverkehr kann es vorkommen, dass statt des gebuchten Schlafwagens nur ein Sitzplatz zur Verfügung steht.
In diesem Fall haben Sie Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen gebuchter und erbrachter Leistung.
Beispiele für Downgrades:
-
2. Klasse statt 1. Klasse
-
Sitzplatz statt Schlafwagen
-
Liegewagen statt Schlafwagen
Die Berechnungsgrundlagen finden Sie auf der Website des jeweiligen Bahnunternehmens.
Qualitätsmängel – etwa Ausfall von Klimaanlage oder Heizung
Wenn die Reisequalität erheblich beeinträchtigt ist – z. B. Ausfall der Klimaanlage an einem Hitzetag oder Heizungsausfall im Winter – kann ein Anspruch auf Teilerstattung bestehen.
Die apf vertritt die Ansicht, dass solche Mängel unter die Fahrgastrechte fallen, sofern das Bahnunternehmen die Ursache zu verantworten hat.
Sicherheit im Nachtzug – Haftung bei Diebstahl
Im Nachtzug liegt die Verantwortung für das Handgepäck grundsätzlich bei den Fahrgästen.
Das Bahnunternehmen haftet nur, wenn ein Fehler oder Versäumnis nachweisbar ist (z. B. defekte Türverriegelung, fehlende Kontrolle).
Empfehlungen der apf:
-
Wertsachen am Körper tragen
-
Abteile versperren
-
Verdächtige Vorfälle sofort dem Zugpersonal melden
-
Anzeige innerhalb von 72 Stunden erstatten