Mehrtägige Flugverspätungen – was steht Reisenden zu?
von Georg Loderbauer
Anfang des Jahres sorgte ein Vorfall rund um einen EasyJet-Flug für Schlagzeilen: Die Maschine hob mit 28 Stunden Verspätung vom Flughafen Innsbruck ab. Ursache war ein technischer Defekt, der vor Ort nicht behoben werden konnte. Schließlich musste eine Ersatzmaschine über Salzburg nach Innsbruck gebracht werden, um die Fluggäste zu ihrem Ziel zu bringen.
Zum Ärger der Betroffenen versäumte es die Fluggesellschaft jedoch, sie über die ihnen zustehenden Leistungen zu informieren. Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) hat den Fall geprüft und zeigt auf, welche Ansprüche Reisende in solchen Situationen geltend machen können.
Hilfs- und Betreuungsleistungen bei verspätetem Abflug
Die Art der Hilfs- und Betreuungsleistungen, die Fluggästen zustehen, hängt von zwei Faktoren ab:
- Flugdistanz (bis 1.500 km)
- Dauer der Verspätung (ab zwei Stunden)
Im konkreten Fall betrug die Flugdistanz zwischen Innsbruck und London weniger als 1.500 Kilometer und die Verspätung deutlich mehr als zwei Stunden.
Laut Artikel 6 und 9 der Fluggastrechteverordnung ist die Fluggesellschaft in solchen Fällen verpflichtet, den Reisenden kostenlos Mahlzeiten und Erfrischungen bereitzustellen. Bei einer Verspätung von 28 Stunden umfasst dies in der Regel Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie entsprechende Getränke (z. B. Mineralwasser).
Darüber hinaus müssen bei einer derartigen Wartezeit eine Hotelunterbringung sowie der Transfer zwischen Flughafen und Hotel angeboten werden.
Das bedeutet, dass EasyJet in diesem Fall dazu verpflichtet war:
- Essen oder Essensgutscheine für alle Fluggäste bereitzustellen, und
- eine Übernachtung in Innsbruck inklusive Transfer zu organisieren.
Rechnungen unbedingt aufbewahren
Sollten diese Leistungen nicht angeboten werden, können Fluggäste die erforderlichen Ausgaben eigenständig tätigen. Wichtig: Die Kosten müssen verhältnismäßig sein (keine Luxushotels oder Gourmetrestaurants).
Die apf empfiehlt, alle Originalrechnungen für entstandene Kosten aufzubewahren und bei der Fluggesellschaft zur Erstattung einzureichen.
Ausgleichszahlungen bei verspäteter Ankunft
Bei einer Abflugverspätung von 28 Stunden ist auch eine rechtzeitige Ankunft am Zielort ausgeschlossen. Fluggäste haben bei einer Ankunftsverspätung von drei Stunden oder mehr Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, unabhängig vom Ticketpreis.
Für Flüge bis 1.500 Kilometer beträgt diese Entschädigung gemäß der Fluggastrechteverordnung 250 Euro pro Person.
Welche Kosten können Fluggäste bei EasyJet geltend machen?
Betroffene können die folgenden Kosten einfordern:
- Verpflegung während der Wartezeit
- Kommunikationskosten (z. B. Roaminggebühren für Telefonate)
- Hotelunterbringung in Innsbruck
- Transfer zwischen Flughafen und Hotel
- Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro pro Person
Die apf stellt einen Musterbrief für die Einreichung dieser Forderungen zur Verfügung. Ansprüche können über das EasyJet-Portal eingereicht werden:
https://www.easyjet.com/en/claim/EU261
Achtung: keine alternative Beförderung möglich – Erstattung möglich
Obwohl die Flugverspätung in diesem Fall enorm war, wurde der Flug durchgeführt. Es handelt sich demnach nicht um eine Annullierung. Die Fluglinie ist daher nicht verpflichtet, die Kosten für eine selbstständig gebuchte alternative Beförderung zum Reiseziel zu erstatten. Sollten Betroffene sich jedoch entscheiden, den Flug ab einer Abflugverspätung von mindestens fünf Stunden nicht mehr anzutreten, so ist die Airline verpflichtet die Ticketkosten für den nicht in Anspruch genommen Flug zu erstatten.
Forderung abgelehnt oder 6 Wochen keine Antwort erhalten?
Sollte EasyJet die Ansprüche ablehnen oder nach sechs Wochen nicht auf die Eingabe reagieren, können Fluggäste kostenlos einen Schlichtungsantrag bei der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte stellen.
Unser Expertenteam im Bereich Flugrecht unterstützt Sie gerne und führt ein Verbraucherschlichtungsverfahren mit EasyJet durch. Dieses Verfahren ist für Betroffene stets kostenlos und ohne jedwede Gebühren oder Provisionszahlungen.
Für weitere Fragen zum Ablauf eines Schlichtungsverfahrens steht unser Team telefonisch von Montag bis Freitag, 10:00 bis 12:00 Uhr, unter der Nummer +43 1 5050 707 740 zur Verfügung.